Übersicht über vorhandene Förderprogramme und deren Nutzbarkeit für die Integrationsarbeit von Projektträger*innen im ländlichen Raum
Integration ist eine Querschnittsaufgabe und diese findet insbesondere in den Kommunen statt. Lange waren Städte die Zentren von Integrationsstrukturen. Dies hat sich in den letzten Jahren verändert, sodass auch ländliche Kommunen eine immer wichtigere Rolle einnehmen (sollten). Insbesondere im ländlichen Raum fehlt es allerdings in vielen Bereichen immer noch an ausreichenden Strukturen, die eine nachhaltige Integration fördern. Damit das gelingt, muss auf vielfältigen Ebenen und bei unterschiedlichen Akteur*innen angesetzt werden. In ländlichen Regionen sind es meist kleine freie Einrichtungen, die die Integrationsarbeit leisten und deswegen bei der Umsetzung von Integrationsmaßnahmen in besonderem Maße gefördert werden sollten. Viele Förderprogramme sind jedoch in ihren Bedingungen so gestaltet, dass kleinere Institutionen im ländlichen Raum diese kaum erfüllen können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass gelungene Ansätze der Integrationsarbeit aus größeren Städten und Ballungszentren nicht ohne Weiteres für ländliche Räume übernommen werden können.
Welche sind also die Herausforderungen, die in ländlichen Räumen im Bereich der Integrationsarbeit auftreten? Zum einen erschweren die geringe Siedlungsdichte, die räumliche Distanz und die fehlenden Verkehrsanbindungen die Erreichbarkeit von Integrationsangeboten und anderen wichtigen Infrastrukturen im ländlichen Raum. Die schlechte Infrastruktur und Erreichbarkeit von Angeboten führt u.a. dazu, dass in ländlichen Räumen oft die notwendige Anzahl an Teilnehmenden, die für die Durchführung von Kursen notwendig ist, nicht erreicht werden kann. Das trifft insbesondere auch zielgruppenspezifische Kurse. Für eine breite gleichberechtige soziale Teilhabe aller Menschen mit Migrationsgeschichte braucht es gerade diese niedrigschwelligen, barrierefreien und bedarfsorientierten Angebote. Diese sollten unabhängig von Mindestzahlen durchgeführt und auf aktuelle Entwicklungen und Bedarfe angepasst werden können.
Wie auch beim Erreichen der Mindestteilnehmendenzahl stellt das Thema Mobilität eine immense Hürde bei gelungener Integration dar: Bezahlbarer Wohnraum findet sich in der Peripherie, Integrationsangebote hingegen finden in den Zentren statt. Mobilität in ländlichen Räumen ist kein migrationsspezifisches Thema. In vielen ländlichen Kommunen werden Lösungen erprobt und erarbeitet. Für gelungenes Integrationsmanagement ist es wichtig, sich in diese Prozesse einzubinden, damit die Perspektive und Bedarfe von Migrant*innen in die Konzepte einfließen können. Außerdem ist es nötig, die tatsächliche Erreichbarkeit bei der Entwicklung und Bereitstellung von Integrationsmaßnahmen wie Beratung, Begegnung, Sprachmittlung, therapeutische Angebote etc. immer mit zu bedenken.
Eine weitere Herausforderung stellen Hürden dar, mit denen kleine Einrichtungen bei der Beantragung von Fördergeldern konfrontiert sind. Dazu zählt der große zeitliche und personelle Aufwand, der mit einer Antragstellung einhergeht und den viele Einrichtungen kaum bewerkstelligen können, da notwendiges Wissen nicht vorhanden oder eine ausreichende Betreuung bei der Antragstellung nicht gegeben ist. Komplexe Anträge, lange Vorlaufzeiten und hohe Anforderungen an Eigenmittel oder Kofinanzierung erschweren die Antragstellung.
Diese Gegebenheiten sollten Geldgeber*innen bei ihren Fördervoraussetzungen berücksichtigen, um möglichst vielfältige Maßnahmen im ländlichen Raum fördern und dazu beitragen zu können, die Integrationsangebote weiter auszubauen.
Um die Suche nach einem passenden Förderprogramm zu erleichtern, die diese Kriterien erfüllen, haben wir im Projekt „Integrationsmanagement im ländlichen Raum“ einen Leitfaden für kleine Institutionen im ländlichen Raum erstellt, in dem wichtige Hinweise zur Recherche und möglichen Anlaufstellen gegeben werden. Hat eine Institution bereits ein Förderprogramm gefunden und möchte dieses auf die Nutzbarkeit für das eigene Projekt überprüfen, kann die Bewertungsskala genutzt werden. Diese soll insbesondere für Projektträger*innen im ländlichen Raum die Einschätzung über die Eignung des Förderprogramms für ihre Projektidee erleichtern.
Zusätzlich zu den strukturellen Bedingungen, die Fördereinrichtungen in ihre Programmgestaltung einbeziehen sollten, konnten wir im Laufe unseres Projektes in Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen und der Zielgruppe drei inhaltliche Schwerpunkte identifizieren, die besonderen Bedarf im ländlichen Raum widerspiegeln und welche die Förderinstitutionen in Zukunft besonders im Blick haben sollten. Alle drei Bedarfsbereiche wurden als Maßnahmen im Integrationskonzept des Landkreises Northeim schriftlich verankert. Die Umsetzung des Konzeptes soll in der kommenden Projektlaufzeit in Zusammenarbeit mit der Landkreisverwaltung vorangetrieben werden.
- Sprachmittler*innen
Um die Teilhabe für alle Menschen unabhängig von ihren Sprachkenntnissen zu ermöglichen, muss der Abbau von Sprachbarrieren vorangetrieben werden. Allen Menschen sollte die Kommunikation mit Behörden, Schulen, Arbeitgeber*innen und anderen erleichtert werden, wozu ein unbürokratischer und niedrigschwelliger Zugang zu Sprachmittlungen und Übersetzungen gewährleistet werden muss. Es hat sich herauskristallisiert, dass die Schaffung einer zentralen koordinierenden Stelle zum Thema Sprachmittlung geeignet wäre, um diese Lücke zu schließen. Aufgaben der koordinierenden Stelle wären dann die Gewinnung und Qualifizierung ehrenamtlicher Sprachmittler* innen durch Fortbildungen, die Beratung von Institutionen sowie die Zusammenführung bestehender Strukturen und der Aufbau eines Sprachmittler*innen-Pools.
- Einsatz von einfacher/leichter Sprache und Piktogrammen
Nicht nur die mündliche Kommunikation, auch das Lesen und Verstehen von Schriftdokumenten sollte für alle Menschen auch mit geringen Deutschkenntnissen möglich sein. Insbesondere wichtige behördliche Informationen, die einen Zugang zu Leistungen ermöglichen, sollten für alle leicht verständlich sein. Um dies zu erreichen, können Piktogramme, mehrsprachige Informationsmaterialien und Schreiben in einfacher/leichter Sprache noch häufiger in der Kreisverwaltung und anderen Institutionen in der Kommune zum Einsatz kommen. Einige Kommunen verwenden z.B. auf ihren Webseiten bereits einfache/leichte Sprache, wichtige Anträge und Dokumente hingegen werden oft aufgrund ihrer rechtlichen Bindung nicht übersetzt. Zusatzblätter mit Übersetzungen oder Piktogrammen könnten in vielen Fällen dazu beitragen, dass Dokumente von der Zielgruppe besser verstanden werden. Weniger Missverständnisse in der Kommunikation stärken die Zielgruppe und entlasten die Mitarbeiter*innen der Behörden und Beratungsstellen.
- Interkultureller Dialog
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Förderung des interkulturellen Dialogs zwischen Aufnahmegesellschaft und Drittstaatsangehörigen. Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen haben gezeigt, dass zu diesem Thema ein akuter Handlungsbedarf besteht, um Ausgrenzungsmechanismen und Dynamiken der Diskriminierung aufzuspalten. Dazu braucht es immer wieder kreative, innovative Angebote und Möglichkeiten, um Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte insbesondere in ländlichen Räumen zu ermöglichen. Dabei sind niedrigschwellige Kontaktangebote wie Kochabende oder kulturelle Veranstaltungen sowie öffentlichkeitswirksame Aktionen förderungswürdig, die kulturelle Vielfalt auf positive Weise hervorheben, das Interesse an einem gegenseitigen Kennenlernen wecken und dadurch Barrieren zwischen aufnehmender und zugewanderter Bevölkerung abbauen.